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© Förderverein Bronzezeithaus Hahnenknoop e.V. Made with MAGIX
Geschichte
Zum Fund der ältesten Siedlung in der Marsch an der deutschen
Nordseeküste aus der Zeit um 900 v. Chr.
1971 wurde im Bereich Rodenkirchen das neue Strohauser Sieltief
angelegt. Bei den Erdarbeiten in der Nähe des Gasthauses
Hahnenknooper Mühle stieß man auf urgeschichtliche Bodenfunde. Es
wurden zwei Hofstellen aus der jüngeren Bronzezeit entdeckt, aber durch
die Baggerarbeiten weitgehend zerstört.
Von 1996 bis 2001 wurde das Hauptgebäude einer dritten Hofstelle durch
das Niedersächsische Institut für historische Küstenforschung (NIhK),
Wilhelmshaven, komplett freigelegt.
Blick über die Grabung 1998/1999.
Im Hintergrund ist der Boxenstall des Hauses und im Vordergrund der Teil
eines Zaunes, der das Haus umgab, zu sehen.
Foto: NIhK, D. Dallaserra
Westliches Ende des Hauses mit umgebenden Zäunen.
Die noch durch Erdsockel geschützten Pfosten sind durch weiße
Nummerntäfelchen gekennzeichnet.
Foto: NIhK, D. Dallaserra
Freigelegte Pfosten der Boxenwände des Stalls am östlichen Ende des
Hauses. Die dicken Pfosten rechts und links des Mittelgangs trugen die
Dachkonstruktion.
Foto: NIhK, D. Dallaserra
Profil mit alten Oberflächen:
5 Mittelalter;
4 Römische Kaiserzeit;
3 Vorrömische Eisenzeit;
2 Jüngere Bronzezeit, jüngere Bodenbildung mit Siedlungsschicht;
1 Jüngere Bronzezeit, ältere Bodenbildung.
Foto: NIhK, D. Dallaserra
Erste Bauern in der Marsch
Die bronzezeitliche Siedlung an der Hahnenknooper Mühle ist einzigartig.
Um 900 vor Christi Geburt – vor fast 3000 Jahren – siedelten hier in der
jüngeren Bronzezeit Menschen. In der Marsch an der deutschen
Nordseeküste ist bislang keine ältere Siedlung entdeckt worden.
Die Siedlung wurde zu ebener Erde angelegt. Die für die
Marschlandschaft so prägenden Wurten – künstliche Hügel für Häuser
und ganze Dörfer – errichtete man erst Jahrhunderte später. Der
Siedlungsplatz befand sich am Fuß der Rückseite des Uferwalls der
Weser oder eines Nebenarmes von ihr. An den Uferwall grenzte das
Sietland, das durch Moore gekennzeichnet ist und erst seit dem
Mittelalter entwässert und kultiviert wurde.
Für das ausgegrabene dreischiffige Wohnstallhaus wurde bis auf wenig
Esche nur Erle als Bauholz verarbeitet. Als Dacheindeckung und als
Einstreu im Stall benutzte man Schilf. Der Wohnbereich war durch eine
Sodenpackung etwas erhöht, um einen besseren Schutz vor dem
feuchten Boden der Umgebung zu bieten.
Die wirtschaftliche Grundlage der Siedlung stellte die Viehhaltung dar.
Wichtigstes Haustier war das damals wesentlich kleinere Rind. Die
Haltung von Schafen als Lieferanten von Milch und Wolle war ebenfalls
von Bedeutung. Ein erheblicher Teil des Eiweißbedarfs wurde
wahrscheinlich durch Fische gedeckt. Wildtiere wurden kaum gejagt.
Daneben gab es auch etwas Ackerbau. Angebaut wurden vor allem
Spelzgerste, gefolgt von Emmer und Einkorn. Ebenfalls nachgewiesen
wurden Rispenhirse, Hafer, Pferdebohnen sowie als Ölfrüchte Lein und
Leindotter.
Relativ zahlreich sind die Reste von Sammelpflanzen wie Schlehe,
Brombeere, Hagebutte, Erdbeere, Wildapfel, Wacholder und Haselnuss.
Werkzeuge und Geräte
Unter den Funden sind die Scherben von Tongefäßen weitaus am
häufigsten. Daneben gibt es aber auch Reste von Gefäßen aus Holz und
von Geräten aus Knochen, Horn, Felsgestein und Feuerstein. Das
Fragment einer Tierplastik sowie ein winziges Gefäß als Nachbildung
einer bronzenen Gürteldose aus Ton gehörten wahrscheinlich zu
Kinderspielzeug.
Tongefäße. Die schlichte Keramik ist weitgehend ohne Verzierung.
Die Tasse oben links ist etwa 11 cm hoch.
Foto: NIhK, R. Kiepe
Paddel. Länge circa 175 cm.
Foto: NIhK, D. Dallaserra
Holzgerät unbekannter Funktion. Länge circa 31 cm.
Foto: NIhK, D. Dallaserra
Trense aus Rothirschgeweih. Länge 29 cm.
Foto: NIhK, R. Kiepe
Getreidequetsche aus Granit. Länge circa 53 cm.
Foto: NIhK, R. Kiepe
Sichelklingen aus Feuerstein (Flint, Silex).
Oben: Länge 14 cm; der knieförmige Holzgriff ist vergangen.
Unten: Multifunktionsgerät aus einer zerbrochenen Sichelklinge, Länge
9 cm; linkes Ende zum Bohren, rechtes Ende zum Schaben.
Foto: NIhK, R. Kiepe
Fragment einer Tierplastik aus Ton.
Foto: NIhK, R. Kiepe
Miniaturgefäß aus Ton.
Wahrscheinlich Nachahmung eines Hängebeckens aus Bronze.
Foto: NIhK, R. Kiepe
Bronzeguss
Von besonderer Bedeutung sind die Reste von Gusstiegeln und
Gussformen aus Ton. Sie belegen, dass in der Siedlung an der
Hahnenknooper Mühle ein Bronzeschmied gearbeitet hat. Die Reste der
Gussformen zeigen, dass glatte und auch verzierte Halsringe als
Schmuck hergestellt worden sind.
Reste eines Gusstiegels (oben links) und einer Tonform (unten rechts),
Gusszapfen aus Bronze (oben rechts). Länge des Maßstabs 2 cm.
Foto: NIhK, R. Kiepe
Literatur
Jessica M. Grimm,
Untersuchungen an Tierknochen aus der Grabung Rodenkirchen-
Hahnenknooper Mühle, Ldkr. Wesermarsch;
in: Probleme der Küstenforschung im südlichen Nordseegebiet, Band 28,
S. 185-234, Oldenburg 2003.
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Archäologie der Küste: Marsch, Watt, Ostfriesische Inseln;
in: M. Fansa, F. Both, H. Haßmann (Hrsg.), Archäologie Land
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Geschichte, S. 495-510, Stuttgart 2004.
Erwin Strahl,
Erste Bauern in der deutschen Marsch. Die jungbronzezeitliche Siedlung
Rodenkirchen-Hahnenknooper Mühle, Ldkr. Wesermarsch;
in: M. Fansa, F. Both, H. Haßmann (Hrsg.), Archäologie Land
Niedersachsen. 25 Jahre Denkmalschutzgesetz - 400.000 Jahre
Geschichte, S. 516-519, Stuttgart 2004.
Erwin Strahl,
Die jungbronzezeitliche Siedlung Rodenkirchen-Hahnenknooper Mühle,
Ldkr. Wesermarsch - Erste Bauern in der deutschen Marsch;
in: Landesmuseum für Natur und Mensch (Hrsg.), Kulturlandschaft
Marsch, Natur - Geschichte - Gegenwart, S. 52-59, Oldenburg 2005.
Dušanka Kucan,
Archäobotanische Untersuchungen zu Umwelt und Landwirtschaft
jungbronzezeitlicher Flussmarschbewohner der Siedlung Rodenkirchen-
Hahnenknooper Mühle, Ldkr. Wesermarsch,
in: Probleme der Küstenforschung im südlichen Nordseegebiet, Band 31,
S. 17-85, Oldenburg 2007.
Jaap Schelvis,
Report on the arthropod remains from five Bronze Age samples from
Rodenkirchen-Hahnenknooper Mühle, Germany - Validation and detailed
analysis;
in: Probleme der Küstenforschung im südlichen Nordseegebiet Band 31,
S. 85-93, Oldenburg 2007.
Friederike Bungenstock,
Zur Paläogeographie des jungbronze- bis früheisenzeitlichen
Siedlungsplatzes Rodenkirchen-Hahnenknooper Mühle,
Ldkr. Wesermarsch,
in: Probleme der Küstenforschung im südlichen Nordseegebiet, Band 32,
S. 181-195, Oldenburg 2008.
Georg Precht,
Die Keramik der jungbronze- bis früheisenzeitlichen Siedlung
Rodenkirchen-Hahnenknooper Mühle, Ldkr. Wesermarsch,
in: Probleme der Küstenforschung im südlichen Nordseegebiet, Band 32,
S. 197-241, Oldenburg 2008.
Julia Goldhammer,
Steinreich in der Marsch? Das lithische Inventar der jungbronze- bis
früheisenzeitlichen Siedlung Rodenkirchen-Hahnenknooper Mühle, Ldkr.
Wesermarsch;
in: Siedlungs- und Küstenforschung im südlichen Nordseegebiet 37,
S. 171-188, Rahden/Westf. 2014.